Draußen ist der Himmel mal wieder grau in grau. Die Regenwahrscheinlichkeit beträgt 98 %. Beim Frühstück ist das Gsälzbrot im Runter fallen zwar auf dem Teller gelandet, aber auf der falschen Seite, das Gsälz nach unten.
Beim morgendlichen Zeitungsholen finde ich im Briefkasten nur Werbung, Rechnungen und ein persönliches Schreiben vom Finanzamt (darauf kann ich verzichten) und das Highlight heute ist: der Zahnarzt freut sich heute schon auf meinen Besuch, ich nicht. Wenn ich dann anschließend sagen könnte, er hat überhaupt nicht gebohrt, dann wäre das ein guter Tag.
Die Sommerferien sind vorbei, aber der nächste Urlaubsschein ist bei manchen schon geschrieben, die Herbst- oder früher hat es geheißen, Kartoffelferien, stehen wieder vor der Tür. Und der Wetterbericht hat Regen angekündigt, dabei braucht die Natur den Regen ganz dringend. Und das in Kürze beginnende Volksfest und die Schausteller auch. Wer von uns mag es schon, wenn der Regen das Volksfestbier „verdünnt“? Ich mag das nicht.
Ist das nun ein guter Tag oder eher ein (Sch…) Tag!?
Wahrscheinlich würden die meisten Menschen so wie ich auch heute sagen – bei diesen Vorzeichen: das ist wahrlich kein guter Tag. Aber warum ist das so oder wird das eigentlich kein guter Tag? Nur wegen des Wetters? Oder weil das Gsälzbrot „verkehrt“ herum auf dem Teller gelandet ist? Oder wegen des Zahnarzttermins am Nachmittag? Oder wegen der Rechnungen oder wegen des Schreibens vom Finanzamt, der Inhalt ist eine mögliche Steuer Nachzahlung oder vielleicht doch eine Gutschrift? Vom Finanzamt? Ausgerechnet heute??
Was, wenn wir uns entschließen würden, dass heute ein guter Tag ist, um einen guten Tag zu haben? Das würde dann für uns bedeuten, dass wir die Welt mit völlig anderen Augen sehen müssten / sollten, eine positive Brille aufsetzen! Wir könnten zum Beispiel zum Entdecker werden und auf Dinge achten, welche wir geflissentlich übersehen haben. Aber nicht heute!! Nicht mit uns, denn heute ist ein guter Tag, um einen guten Tag zu haben. Das verlangt von uns natürlich einiges ab. Zum Beispiel sich Zeit nehmen, um ein schon lange angefangenes Hörbuch zu Ende hören. Oder eine neue CD hören, welche zwar schon eine Weile im Regal liegt, aber aus welchem Grund auch immer wir noch nicht dazu gekommen sind, sie zu hören. Wir könnten auch herausfinden, dass ein Mensch, den wir bislang nur aus der U – Bahn und nur vom Hören her „kennen“ und ihn für einen sturen und ungehobelten Klotz gehalten haben, in Wirklichkeit ein sehr umgänglicher Mensch ist. Denn er hat einer muslimischen, jungen Frau mit einem Kleinkind im Kinderwagen seinen Platz angeboten. Und er hat mit dem Kleinkind sogar geflirtet. An solch einem guten Tag könnten wir auch wieder zum Entdecker und zum Abenteurer werden, weil wir einen Weg, eine Abkürzung gefunden haben, den wir, die wir wegen unserer schlechten Augen noch nie, bzw. schon lange nicht mehr gegangen sind. Oder wir überlegen uns, einem lieben Menschen mit einer freundlichen Überraschung aufzuwarten. Etwa mit einem Blumensträußle, auf den dann bei der Übergabe prompt die Frage kommt: hast du was angestellt oder hast du etwa ein schlechtes Gewissen? Raus mit der Sprache. Des Blumensträußle ist für jemand, der es verdient hat, aber dem wir das viel zu selten sagen oder zeigen? Und – fühlt sich das nicht alles viel besser an, als all die Geschehnisse am Morgen? Denn gute Tage und darin liegt ihr Flair und ihr ureigenes Geheimnis, diese guten Tage entstehen von innen heraus. Sie sind völlig wetterunabhängig und auch gegen kleine Missgeschicke gefeit. So gesehen ließen sich die meisten grauen Tage, welche am Anfang so mies und trübe ausgesehen haben, in wunderschöne hellblaue Tage umfärben. Und das hat alles noch einen Nebeneffekt. Wir werden aufmerksamer: für das Schöne und für das, was uns wirklich Freude bereitet. Nämlich einen guten Tag zu haben.
Ich wünsche euch allen heute nicht nur einen Guten Tag,
sondern viele gute Tage
Thomas Stetter
Landesansprechpartner Baden-Württemberg
PRO RETINA Deutschland e.V.