Krimi-Tour durch Stuttgart

28 Mitglieder der Regionalgruppe Stuttgart waren am Dienstag, 12. Juli 2016 auf einer speziellen Tour mitten durch Stuttgart. Nicht mit der historischen Polizei BMW Isetta waren wir auf Krimi-Tour, nein wir waren auch nicht mit dem 3. Mann im Untergrund des Stuttgarter Nesenbachs unterwegs, sondern ein leibhaftiger Kriminalhauptkommisar a.D. aus dem Polizeimuseum Stuttgart führte unsere Gruppe an verschiedene Tatorte, an denen allesamt schaurige Verbrechen begangen wurden. Und dies mitten drin in Stuttgart, wer hätte das so gedacht?

BMW-Isetta         Polizei-Historischer-Verein-Stuttgart         Der dritte Mann


Wir trafen uns mitten auf dem Stuttgarter Schloßplatz und erfuhren zuerst alltägliches über die Polizeiarbeit. Unser Kriminalhauptkommisar berichtete, wie er zur Kripo, auch in einen Spezialbereich, nämlich die Brandermittlung kam und über die zum Teil sehr schwierige Aufklärung der Verbrechen und wie auch oft der Kommissar Zufall zur Lösung eines Falles beigetragen hat. Wir alle waren uns einig, der Fernsehkommisar aus dem Tatort am Sonntagabend hat es da wesentlich einfacher, er hat immer genug Mitarbeiter, modernste Kriminaltechnik wie z.B. DNA Analyse, Speichelproben und anderes mehr zur Verfügung und ganz wichtig, innerhalb von 90 Minuten ist der Fall gelöst.

Heute ist das relativ einfach im Gegensatz zu früher: Ein Täterprofil wird über die Datenbank geschickt, ein Abgleich erfolgt und mit etwas Glück zappelte der Gesuchte Täter dann im Netz. Damals waren Fingerabdrücke, Fahndungsfotos, Zeugenbefragungen noch polizeiliche Kleinarbeit, ist zwar heute auch noch üblich, aber die modernste Kriminaltechnik ist nicht mehr weg zu denken. Mehr war aber seiner Zeit nicht vorhanden, es gab auch keine weltweit vernetzten PC`s, geschweige denn Interpol, wenn es an grenzüberschreitende Delikate und deren Täterverfolgung ging. Mühsam von Hand mussten Vernehmungsprotokolle auf der mechanischen Schreibmaschine getippt werden, wenn man großes Glück hatte, gab es schon Fernschreibgeräte. Vieles in der Ermittlungsarbeit war das „berühmte Bauch- und Fingerspitzengefühl“ (Kriminalistischer Spürsinn) und persönliches Kennen von Kollegen, man nennt dies damals wie heute Vitamin B.

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Einen kurzen Fußweg vom Schloßplatz weg und wir waren in der Bolzstraße, an unserem ersten Tatort. Dort fand ein Überfall im Theater Marquardt mit Mord statt, der Täter wollte „nur“ die Kasse ausrauben. Stattdessen kam ein Passant zu Tode, der zur falschen Zeit am falschen Ort war, er wollte nur helfen und wurde erschossen. Wir haben erfahren, dass Mord nie verjährt und dass ein Täter auch noch nach 20 Jahren vor Gericht gestellt werden und verurteilt werden kann, wenn die Beweise ausreichend sind.

Ein paar Meter weiter, immer noch an der Bolzstraße, vor dem früheren Haupteingang des Stuttgarter Hauptbahnhofes, erkennbar an den 3 Säulen des Metropolo Kinos, berichtete unser Kriminalhauptkommisar von einem Schullehrer, der in Degerloch zuerst seine Familie, Frau und Kinder ermordete, dann mit dem Fahrrad von den Höhen Degerlochs nach Stuttgart fuhr, sich eine Fahrkarte kaufte, dann weiter mit der Bahn nach Ludwigsburg fuhr und dort bei Familienangehörigen zum bestialischen Amokläufer wurde. Wie sich später bei den Ermittlungen herausstellte, war der Mann sexuell abartig veranlagt.

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Weiter ging es zum ehemaligen Gebäude der Firma Möbel Firnhaber. Es war der größte Brand in der Stuttgarter Innenstadt. Hier wurde berichtet, wie eng mittlerweile Spezialisten wie Brandermittler und Kriminalpolizei zusammenarbeiteten. Der „Kommissar Zufall“ half auch hier, denn mit Hilfe der gefundenen, metallenen Benzinkanister wurde letztlich ermittelt, dass die Besitzer einer Kneipe im Erdgeschoß des Möbelgeschäftes das Gebäude selbst angezündet hatten, um durch einen großen Versicherungsbetrug (Brand) ihre riesigen Geldsorgen los zu werden.

Weiter berichtete der Kriminalhauptkommisar von einem Feuerteufel und der Zufall wollte es, fast immer war der Feuerteufel der erste Mann beim Löschen. Wenn das kein Zufall war? Der Täter wurde ermittelt, rechtmäßig verurteilt und hat vor Gericht dann gestanden, dass er für viel mehr als die Brände, welche ihm bislang zur Last gelegt wurde, verantwortlich war. Es waren über 230 Brände. In der Lange Straße, wo heute die Bußgeldstelle ist, war in den 1970er Jahren ein größeres Polizeirevier untergebracht. Damals war es recht einfach, in ein Polizeirevier hinein zu gelangen. Da gab es keine Klingel, keine Sprechanlage, keine doppelte Sicherheitsschleuse, kein Sicherheitsglas, nein man machte einfach die Türe auf und schon man war mitten drin. Der Täter schoss ohne zu fragen wild um sich und verletzte dabei den wachhabenden Polizeibeamten so schwer, dass er kurz darauf starb.

Aus jedem Fall hat die Polizei gelernt und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung ergriffen. Aus Fehlern wurde gelernt. Nervenkitzel pur, authentische Fälle, belegt durch entsprechende Fotos und geschildert von einem Zeitzeugen, der als Kriminalhaupt-kommisar bei den Ermittlungen dabei war. Was will man mehr? Diese Krimi Tour ist sehr zu empfehlen.

Damit auch ein Kriminalhauptkommisar a.D. nicht „im Dunkeln tappen“ muss, haben wir uns mit einer digitalen Taschenlampe herzlichst bedankt. Da auch das Wetter mitspielte, waren alle froh, dabei gewesen zu sein.

Text/Fotos: Wolfgang Schade und Thomas Stetter