Die etwas andere Stadtbesichtigung in Stuttgart

Am Dienstag, 13.11.2018 unternahmen 38 Mitglieder der Regionalgruppe Stuttgart, Martina, Manfred, Harald, Rainer, Marianne, Monika, Willi, Karin, Elke, Dieter, Schorsch, Angelika, Manne, Uschi, Robert, Marianne, Petra, Werner, Monika, Renate, Horst, Hella, Wolfgang, Monika, Renate, Frank, Dietmar, Edith, Maria u. Begleitung, Norbert, Wolfgang, Doris, Gustl, Eva, Helmut und Thomas die etwas anders geartete Stadtbesichtigung in und durch Stuttgart.
Zu Fuß, was sonst üblich ist, eine Stadt zu besichtigen, das kann jeder. Wir machten das ganz anders und nicht wie Karl Valentin und Liesl Karlstadt es schon sangen: „ein Wagen von der Linie 8, weiß-blau, fährt ratternd durch die Stadt…“ nein, wir sind in Cannstatt und Stuttgart und nicht in München.


Gestartet sind wir vom Cannstatter Tor aus, zu Fuß durch den Cannstatter Bahnhof in Richtung Straßenbahnmuseum, wo wir bereits schon von Maximilian May und seinem Team erwartet.
Unsere Oldie-Strambe der Linie 23, die „Panoramalinie“, ist in schwarz gelb gestrichen. Es ist ein Triebwagen Tw 276 mit Beiwagen 1369, Baujahr 1952, im Zugwagen sind 22 gepolsterte Kunstledersitzplätze und genauso viel sind auch im Anhänger. Keiner musste stehen, denn auf einer zweistündige Fahrt immer nur stehen, das geht in die Beine.
17 dieser Fahrzeuge haben den Krieg überlebt, 2 Fahrzeuge sind bis heute noch als „Oldie-Strambe“ in Funktion.
Ein Fahrzeug trägt die Bezeichnung „Gartenschauwagen“, denn für die Reichsgartenschau, welche 1939 auf dem Stuttgarter Killesberg stattfand, bestellte die SSB (Stuttgarter Straßenbahnen) bei der Maschinenfabrik Esslingen und der Waggonfabrik Uerdingen insgesamt 24 Triebwagen, die anstelle des bis dahin üblichen Holzaufbaus erstmals einen stählernen Wagenkasten erhielten. Dass für diesen Zweck überhaupt noch Stahl, der als kriegswichtiger Werkstoff bereits schon rationiert war verwendet werden durfte, ist in Zusammenhang mit diesem Großereignis Reichsgartenschau 1939, die genaue Bezeichnung lautete: „Reichsausstellung des Deutschen Gartenbaues“ zu sehen. Sie endete abrupt mit Beginn des 2. Weltkrieges am 1.9.1939.

Bevor wir losgefahren sind, haben wir uns ausgiebig das Straßenbahnmuseum und die dort ausgestellten Schätze angeschaut. Wir alle machten eine Zeitreise in die frühen 50-iger Jahre. Zugegeben, barrierefrei geht heute anders, aber das Museum ist in einer ehemaligen Wagenhalle untergebracht, voll mit Gleisen, Montagegruben und anderen Dingen, in dem die Freunde des Vereins ihre Oldies betreuen. Daher mussten wir besonders auf mögliche Stolpergefahren achten, auch waren die Aus- und Einstiege an den Fahrzeugen nicht wie heute üblich ebenerdig gebaut, sondern man musste nach oben hin einsteigen, fast (1 m hoch) und genauso auch tief wieder aussteigen. Die Zeiten haben sich halt geändert. Eine junge Mutter mit Kinderwagen, die übrigens extra kosteten oder gar ein Rollstuhlfahrer, die hatten da schon ihre liebe Not und waren auf helfende Hände angewiesen.
Im ehemaligen Busbetriebshof in der Mercedesstraße 31 ist heute die Straßenbahnwelt untergebracht. Vorher war das Museum in Zuffenhausen daheim, bis der Straßenbahnschienenverkehr nicht mehr auf der „Meterspur“ gefahren ist, denn die neue Fahrzeuggeneration, die heutigen Stadtbahnen, fahren auf der gleichen Spurbreite wie die Fahrzeuge der Deutschen Bundesbahn. Die Halle hat eine Eigenart, sie verfügt über spitze Glasdächer, diese waren der Lichtspender für anfallende Reparaturarbeiten an den Fahrzeugen in der Halle, eine sehr umweltfreundliche Lösung damals wie heute. Das Museum der SSB wird vom Verein Stuttgarter Historische Straßenbahnen betrieben, alles „Ehrenamtler“ (kommt uns irgendwie bekannt vor).
Die damaligen Straßenbahnwagen mit ihren ganz speziellen Anhängern waren ein Allzweck-Transportmittel für alles, was transportiert werden musste. Seien es landwirtschaftliche Güter aus dem Umland von Stuttgart, z.B. von den Fildern her, welches direkt in die Stuttgarter Markthalle mit ihrem „Rettich-Gleis“ gefahren wurde, dieses liegt heute noch in der Markthalle. Oder nach den Weltkriegen als Krankentransport für verwundete Soldaten in die Krankenhäuser, kurz um, alles was transportiert werden musste, wurde gefahren. Ganz wichtig, im Führerstand standen oftmals Fahrerinnen, weil die Männer noch im Kriegseinsatz waren.

Logo des Straßenbahnmuseum Stuttgart – Bad Cannstatt

Die etwas andere Art der Stadtbesichtigung führte uns dann aus der Straßenbahnwelt hinaus in den realen SSB Schienen Verkehr. Unser Triebwagen samt Anhänger hatte keine Sonderrechte gegenüber dem „normalen Schienenverkehr“, wir mussten uns einreihen und bogen aus der Straßenbahnwelt kommend, vorbei an der Feuerwache 3 in Bad Cannstatt, vor der König Karl Brücke nach links ab, links befindet sich auch der Cannstatter Wasen, auf dem noch vor kurzem das Cannstatter Volksfest war. Nach der Brücke ging es nach rechts, wir fuhren an der Stuttgarter Wilhelma vorbei und bogen vor der Rosensteinbrücke nach links ab. Bergauf fuhren wir auf der Pragstraße, um dann am Löwentor nach links abzubiegen. Wir fuhren vorbei am Naturkundemuseum am Löwentor, dort wo die Dinos und die Saurier zu Hause sind. Sie winkten uns freundlich zu, die Dinos, denn vor kurzem waren wir dort zu Besuch. Weiter am ehemaligen Milchhof, früher Südmilch, vorbei. Weiter am Budapester Platz, wo im Zuge des ehemaligen Güterbahnhofes und heute Stuttgart 21 einmal ein völlig neuer Stadtteil mit rund 15 000 Menschen gebaut wird. Vor dem Milaneo geht es dann in den Untergrund und wir fuhren dann in den Stuttgarter Hauptbahnhof, dem Arnulf Klett Platz ein. Die Leute überall in und an den Haltestellen, welche wir durchfuhren, staunten nicht schlecht, als da unsere Oldie-Strambe vorbei fuhr, einige wollten gleich mitfahren, das ging leider nicht. Weiter ging die Fahrt in Richtung Schlossplatz, Charlottenplatz bis zum Olgaeck, dort biegen wir links ab, kommen über den Eugensplatz, vorbei am Eissalon Pinguin. Dieses Teilstück ist mit 18% das steilste Straßenstück in Stuttgart überhaupt. Jeder neue Straßenbahnwagen muss an diesen Stück beweisen, dass seine Bremsen wirklich funktionieren. Ist dies der Fall ist, gibt es an anderen Steil- und Gefällstrecken keine Probleme. Wir fuhren weiter aufwärts am Bubenbad vorbei, vorbei an der Haltestelle Stafflenbergstraße, Richard Wagner Straße, dort ist die Staatskanzlei, die Villa Reitzenstein untergebracht. Aus dieser Regierungszentrale leitet der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann die Amtsgeschäfte. Die Fahrt führte uns weiter aufwärts zwischen Funkturm auf der linken Seite und Fernsehturm auf der rechten Seite weiter zur Endhaltestelle Ruhbank. Die Haltestelle hat ihren Namen vom „Ausruhen auf einer Bank“ als die Filderbauern hier auf die Weiterfahrt in die Stuttgarter Innenstadt warteten. Jeder der noch a bissle sehen konnte, bemerkte dann, dass Stuttgart eine topographische Kessellage ist. An der Ruhbank, wie der Name schon sagte, machten wir eine kurze Pause, bevor es wieder stadtabwärts ging in Richtung Straßenbahnwelt Bad Cannstatt.

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Text/Foto: Thomas Stetter