Der Wind und die Sonne
Jetzt kommt sie wieder, die Zeit der Sommergewitter. Wenn sich eben ein noch blauer Himmel plötzlich verdunkelt. Wenn das Vogelgezwitscher verstummt in stiller Erwartung dessen, was da im Anzug ist. Meist entstehen diese Wolkenberge, die Blitz und Donner, möglicherweise auch Hagel in sich tragen, gegen Ende eines besonders heißen und schwülen Tages. Die Wolken schießen ganz hoch in den Himmel hinein, manchmal haben sie auch ganz unterschiedliche Färbungen. Von dunkelblauschwarz bis giftgrüngelb. Und plötzlich hört man das Brummen eines Flugzeugmotors, der Hagelflieger ist unterwegs, die Piloten kennen da gar nix, mutig fliegen sie mitten in die Gewitterwolken hinein, um ihre Raketen in die Wolken zu schießen. Damit werden vielerorts Hagelschlag und Schäden in Felder, Weinbergen also in der Natur vermieden, die Gewitterwolken regnen sich „nur“ aus. Aber in früheren Zeiten ohne Hagelflieger können diese Gewitterwolken urplötzlich eine Energie entladen, die uns Menschen Ehrfurcht entlockt. Jeder der schon einmal ein solches Gewitter erlebt hat oder einen Blitzeinschlag in der Nähe gespürt hat, sucht Schutz, stellt sich unter, zündet zu Hause vielleicht eine Wetter Kerze an und lässt den Sturm vorüberziehen. Wer also wollte bezweifeln, dass der Wind die mächtigste Naturgewalt des Sommers ist?
Diese Frage wird in einer uralten Erzählung aufgeworfen. In dieser Geschichte macht die Sonne dem Wind seinen Rang streitig. Sie sei weitaus mächtiger, so behauptet sie. Und das soll alsbald in einem Wettstreit geklärt werden.
So streiten sich also beide Elemente, Sonne und Wind um die Vorherrschaft.
Gewonnen hätte derjenige, dem es gelingt, dass der harmlose Wanderer, der auf freiem Feld überrascht wird, seinen Mantel ablegt.
Sofort bilden sich riesige Wolken, der Himmel verdunkelt sich und es bricht ein Gewittersturm los, wie es ihn nur ein oder zweimal im Jahr gibt. Doch der Wanderer zieht seinen Mantel nur umso enger, stellt den Kragen hoch und versucht so, dem Unwetter zu trotzen. Vergebens ist alle Kraft des Windes.
Und die Sonne? Kaum hat sich der Sturm verzogen und der Gewitterregen ist vorbei, beginnt sie den Rücken des Mannes zu wärmen, bis dieser schließlich seinen Mantel aufknöpft und ihn ganz ablegt. Eine sehr lange Zeit ist vergangen, seit der Gewittersturm in unserer Geschichte gewütet hat. Und was damals gegolten hat, das gilt heute immer noch. Niemand verlässt gern sein Haus, ohne einen Schutzmantel zu tragen – auch wenn der unsichtbar sein mag. Gerade dann, wenn wir stürmische Zeiten befürchten müssen, also Wind, Gegenwind, Terror, Anschläge und noch vieles mehr, dann wappnen wir uns doch umso mehr und ziehen unseren Schutzmantel noch ein wenig enger. Was sollen wir aus dieser Geschichte lernen: Keine noch so rohe Gewalt vermag es, dass Menschen sich öffnen. Im Gegenteil, sie verschließen sich dann umso mehr. Druck erzeugt Gegendruck, Gewalt Gegengewalt. Eine unheilvolle Spirale ist das. Wenn es darum geht, Offenheit und Vertrauen zu erzeugen, dann ist ein sanft wärmender Sonnenstrahl weitaus mächtiger, als alle Stürme, Gewitter, Terroranschläge und anderes Unheil. Vielleicht weil Freundlichkeit, Friedfertigkeit und Zuversicht unsere Herzen erwärmen. Steht es uns nicht sehr gut zu Gesicht, wenn jeder von uns, zumindest einmal am Tag seine innere Sonne scheinen lassen könnte? Ein Versuch ist es wert, ich versuche es, machen sie doch auch mit!
Die Urlaubszeit steht vor der Tür, egal wohin sie die Reise führt, Balkonien, Bad MeinGarten , an den Strand zu Sonne, Wind und Meer, ich wünsche ihnen allen eine gute Erholung und wir sehen uns.
Thomas Stetter
Regionalgruppe Stuttgart